Bild: Gisela Heinzmann 2020

Freitag, 22.12. 2017

Zeit: 11.40 Uhr. Ort: Überdachter Stehtisch mit Blick auf die Aktionsbühne und die Stadtkirche.
Wetter: kalt, über null Grad, Himmel bedeckt, leichter Nieselregen.

 

          Weihnachtslieder aus Lautsprechern. Unter den Arkaden rechts von der Aktionsbühne spielen ein Junge und ein Mädchen auf der Trompete Vom Himmel hoch, da komm ich her … Dieses Lied spielte ich meiner Großmutter auf der Flöte vor. Wenigstens Eine, die nicht gottlos ist, murmelte sie erleichtert. Die Kinder hören auf zu spielen, die Weihnachtslieder aus den Lautsprechern tönen über den Platz.

          Um den Brunnen Stände mit Glühwein, Punsch, Waffeln, Stollen, Suppen.

          Die Lautsprechermusik legt eine Pause ein. Nun höre ich wieder die Trompeten der Kinder. Nicht lange. Ein Lied, Let it go, aus dem Disney-Musical Frozen übertönt die Trompeten spielenden Kinder. Sie spielen ihr Lied zu Ende. Fortan nur noch Weihnachtsschlager.

          In Richtung BarOn ein Stand mit Brettern und Löffeln aus edlen Harthölzern. Rechts daneben ein Stand mit Strohsternen, einer mit bunt bemaltem Holzspielzeug und einer mit Demeter Lebensmitteln.

         Ein Mann um die dreißig betritt mit einem kleinen Mädchen die Bühne. Er jodelt, geht ein paar Schritte über die Bühne, bleibt stehen, singt Heidi. Das Kind reagiert nicht. Wenn ich das Kind wäre und der junge Mann mein Vater, würde ich so tun, als ob ich nicht zu ihm gehörte. Der Mann schreitet zur Bühnenmitte, laut Heidi, Heidi singend. Ein Paar mit Hund bleibt vor der Bühne stehen. Der Mann schmettert wieder Heidi! Das Kind wendet sich dem Hund zu. Würde ich an seiner Stelle auch machen. Das Paar mit Hund schlendert weiter. Das Mädchen betastet die Holzbretter der Rückwand der Bühne. Der Mann nimmt das Mädchen auf den Arm, jodelt noch einmal, steigt von der Bühne und verschwindet in den Gassen der Marktstände.

          Ein junger Vater kommt mit seiner etwa dreijährigen Tochter zum Brunnen. Er spricht Englisch mit amerikanischem Akzent. It‘s a pigeon. You want up there? Die Tochter steigt zwei Stufen des Brunnensockels hoch. Vater: What are you looking for? Pigeon is here. Zeigt nach links zur Taube. Das Mädchen rennt  hinter der Taube her, der Vater hinter dem Mädchen.

          Ein junger Mann mit einem Rucksack eilt ohne einen Blick auf die Stände zu werfen vorbei und biegt in die Untere Marktstraße ein.

          An der Stirnseite meines Tischs stehen nun ein Mann und eine Frau mit Glühweinbechern. Beide etwa Mitte dreißig. Ich habe ihr Kommen nicht bemerkt. Nach so viel Glühwein ist man froh, wenn die Glühweinzeit wieder vorbei ist, meint er. Die Frau redet schnell und viel, gestikuliert, beugt sich zu dem Mann. Dieser steht aufrecht und hört aufmerksam zu.

          Zwölf-Uhr-Läuten der Stadtkirche, anschließend amerikanische Winter- und Weihnachtslieder aus den Lautsprechern. Mich stört dieses Gedudel, das man in jedem Kaufhaus hören muss. Und diese seichte Musik auf dem Barock-Weihnachtsmarkt! Was haben sich die Veranstalter eigentlich dabei gedacht?

         Eine Frau mit halbwüchsiger Tochter schiebt einen Kinderwagen. Die Frau telefoniert, das Mädchen geht stumm neben dem Wagen her.

         Schon wieder eine Frau mit einem Kinderwagen. Der Vater geht mit den beiden Söhnen voraus.

         Die Trompeten setzen sich wieder durch mit Es ist ein Ros‘ entsprungen. Ich werde den Kindern nachher etwas in ihren Hut werfen.

         Ein älteres Ehepaar trifft sich mit ihrer Tochter vor meinem Tisch. Der Vater versucht, mit einer Serviette die getrockneten Glühweinflecken auf dem Tisch abzuwischen, ohne nennenswerten Erfolg. Wir gehen ‘was essen? fragt die Tochter. Ja, aber nicht hier, meint die Mutter. Die drei gehen zwischen den Arkaden und der Stadtkirche ab.

         Die Beiden an der Stirnseite des großen Tischs reden über IT, Projekte, Outsourcing. Die Frau redet hastig, viel und eindringlich. Der Mann macht kurze Einwürfe oder stellt Fragen.

        Ein Paar, etwa Mitte 50, bewegt sich langsam an den Ständen vorbei. In ihrer Mitte eine alte Frau, die gebrechlich wirkt. Die alte Frau hat sich bei der jüngeren Frau eingehakt. Vermutlich Mutter und Tochter. Die jüngere Frau hält einen aufgespannten Schirm über die Mutter. Der Mann lässt seine Blicke zu den Auslagen der Stände schweifen.

        Zwei junge Frauen bummeln vorbei. Die Eine mit rostroten Haaren, schwarzer Jacke und rostroter Hose, die Andere ganz in Schwarz, auch die Haare.

        Eine alte Frau setzt sich auf eine Bank am linken Bühnenrand und telefoniert.

        Gesprächsprotokoll dazwischen reinhauen, rät der Mann der Frau an der Stirnseite des Tischs.

        Ein junger Mann geht zielsicher auf die alte Dame zu, die auf der Bühne sitzt. Er sagt etwas zu ihr, sie winkt ab, er geht weiter. Sie scheinen sich zu kennen. Ihr Enkel, der ihr helfen wollte?

        Ein kräftiger Mann, etwa Mitte dreißig, mit einem zweijährigen Jungen auf den Schultern taucht vor meinem Tisch auf. Von der anderen Seite kommt ihm eine  ältere Frau mit halblangen blonden Haaren entgegen. Neben ihr ein kleines Mädchen im Vorschulalter. Ach, da bist du ja, wollte dich eben anrufen, er zu ihr. Der Vater setzt die beiden Kinder auf die Mitte der Breitseite des Tischs, direkt vor mich. Mein Blick nach vorne ist versperrt. Eine junge Frau kommt dazu: Soll ich euch etwas zu essen holen? – Waffeln, ruft das Mädchen. Das gibt es erst als Nachtisch, vorher braucht ihr etwas Richtiges, Pommes oder Currywurst, bestimmt der Vater.

         Ja, aber wer kriegt das Protokoll? fragt die Frau an der Stirnseite.

        Du kannst mitgehen mit der Mama, der Vater zur Tochter. Die Tochter will nicht. Wer will einen Glühwein?, fragt der Vater. Die beiden Frauen nicken. Der Vater ab zum Glühweinstand.

         Doch, ich habe die E-Mail ausgedruckt, verstehste, bekräftigt die Frau an der Stirnseite.

        Die Mutter unterhält sich leise mit ihrer Tochter. Der Vater kommt mit zwei Bechern an den Tisch zurück. Bioglühwein, sagt er und stellt die Becher vor die Frauen. Wir planen einen Garagenglühwein reloaded am 29. Wenn du Lust hast, bist du herzlich eingeladen. Die Frau mit den blonden Haaren weiß es noch nicht. Die junge Mutter kommt mit zwei Portionen Pommes zurück. Wann ist sie weggegangen?

         Der Mann an der Stirnseite holt noch einmal zwei Becher Glühwein.

        Der kleine Junge auf dem Tisch isst Pommes mit den Fingern. Musst halt mit dem Ketchup aufpassen, der Vater zu ihm. Die Mutter der Kinder geht mit der blonden Frau Suppe holen. Warum geht die Mama mit? Will die Tochter wissen. – Drei Suppen kann man allein nicht gut so gut tragen, erklärt der Vater. Bammelbamm! ruft der kleine Junge begeistert. – Ja, ein Tannenbaum und da ist noch einer. Die Frauen kommen mit den Suppen zurück, geben eine Suppe dem Vater. Sie bleiben nebeneinander stehen, löffeln Suppe und unterhalten sich leise. Der Vater geht los, um für die Kinder etwas zu trinken zu holen. Die Mutter stellt sich zwischen ihre Tochter und ihren Sohn, isst abwechselnd von den Pommes ihres Sohnes und von ihrer Suppe. Dabei unterhält sie sich mit der blonden Frau über Suppen. Im Thermomix mit Sahne oder Mandelmilch. Der Vater kommt mit einer Flasche Apfelschorle zurück, gibt dem kleinen Jungen davon zu trinken.

           Eine Mutter mit ihrer etwa achtjährigen Tochter steht telefonierend am Stehtisch links. Die Tochter jagt Tauben. Zwei junge Frauen fotografieren Weihnachtsstände mit dem Smartphone. Zwei Frauen gehen telefonierend aneinander vorbei.

           Aus den Lautsprechern tönt ein Kinderchor mit einem Weihnachtslied. Merry Christmas folgt.

          An meinem Tisch diskutieren die Erwachsenen den Nachtisch. Tiramisu mit Früchten? – Wie heißt noch einmal die weiße Pampe? fragt die Mutter. Mascarpone, hilft ihr die Blonde weiter. Oder Eis?Nein, schon etwas Selbstgemachtes, wirft der Vater ein.

          Das IT-Paar an der Stirnseite verlässt den Tisch.

          Vater und Mutter räumen das Geschirr zusammen, der Vater trägt den Abfall weg. Ich wäre für Apfelcrumble, schlägt er vor, das ist aus heimischen Früchten, alle mögen und vertragen es. Die Mutter bringt die Suppenschüsseln zum Suppenstand. Der Vater kommt zurück und stellt die Kinder auf den Boden. Die Kinder beobachten die Tauben. Der kleine Junge breitet die Arme aus und schreit Bah! zu den Tauben. Die Familie und die Freundin ziehen in Richtung Stadtkirchenplatz ab.

          Mir ist kalt. Ich gehe zum Suppenstand und bestellte eine Kartoffelsuppe. Stelle mich an einen Tisch zu einem älteren Herrn im dunkelblauen Wintermantel, der telefoniert, und einer jungen Frau, die sich mit ihrem Smartphone beschäftigt. Die junge Frau mit kurzen schwarzen Haaren und mandelförmigen Augen singt leise ein Weihnachtslied in ihr Smartphone. Vor dem grauhaarigen Herrn steht ein Karton mit der Aufschrift Gastroback Design Reiskocher pro, vor der jungen Frau eine weiße Tragetüte mit der blauen Aufschrift Lotter. Der Herr telefoniert mit Thorsten: Genug ist genug, ja … ja … ja. Wir müssen Geduld haben. 30 Tage Zahlungsziel … gut … ja, absolut … ja.

          Ich esse meine Kartoffelcremesuppe, sehr heiß.

          Der Herr im dunkelblauen Wintermantel lacht. Das kannst du vergessen. Dann muss er einen high end von einer Weltfirma holen. Das kostet dann richtig viel … Ja, ganz wichtig. Der Mann dreht sich vom Tisch weg, spricht jetzt in Richtung der katholischen Kirche. Ja, ich denke, wir sagen, wir sind zugange und lassen zertifizieren … Dann lassen wir uns auf die Liste setzen. Ja … nein, im Moment nicht mehr. Ja, der muss ja was verkauft haben. Wir würden gern wissen, an wen … Ja … oh ja. Der Herr streicht der jungen Frau Fusseln vom Mantelkragen. Die junge Frau reagiert nicht. Ja, gut … perfekt … genau … ja. Ja, dann hab ein ganz schönes Weihnachten. Wann fahrt ihr weg? ... Na gut, ich bin dann wieder … am 2. ist ja wieder alles vorbei. Der Herr packt den Karton mit dem Design Reiskocher unter den Arm, die Frau nimmt die Plastiktüte von Lotter in die Hand. Now, what you want now, fragt er sie beim Gehen. Die junge Frau antwortet nicht.

          Das Kinder-Karussell klingelt.

        13 Uhr. Genug gestanden, meine Füße sind kalt. Ich schlendere zum Café BarOn. Die Betreiber haben auf die Bänke und Sessel auf der Terrasse unter den Arkaden Felle und Decken gelegt. Ich packe mich in Decken ein und bestelle einen Tee.

          Verkaufsstände, Imbiss-Stände, Vorhänge aus Lichterketten und Art-Deco-Engel verdecken das Denkmal Eberhard Ludwigs.

         Direkt vor mir ein Fotoautomat mit der Aufschrift Dein Foto vom Ludwigsburger Weihnachtsmarkt. Eine Gruppe Besucher steht und berät sich, geht ohne ein Foto zu machen weiter. Ein Paar stellt sich vor den Automaten, liest die Anweisungen und geht weiter.

          Mann mit Rucksack und Hut schleicht an den Ständen vorbei.

          Zwei Männer um die sechzig, jeder schiebt einen Kinderwagen. Ihre Haltung ist sehr aufrecht, der Kopf erhoben. Sie wirken nicht wie Großväter, eher wie Väter, die in der zweiten Ehe mit einer jungen Frau noch einmal Vater geworden sind.

          Der Fotoautomat wechselt die Bilder im Display. Niemand schaut hin.

          Der Duft von Waffeln und Kinderpunsch zieht an mir vorbei.

          Die Passanten tragen meist dunkelblaue, schwarze oder braune Mäntel, Mützen und Schals. Ab und zu eine gelbe oder rote Jacke. Die Schuhe und Stiefel meist braun oder schwarz. Golden die Engel, weißgelb die Lichter.

          Ein junges Paar schaut auf den Bildschirm des Fotoautomaten, sie wenden sich einander zu, reden miteinander, wenden sich nach links, gehen einige Schritte, zögern, schauen zum Fotoautomaten zurück, reden miteinander, gehen am Bürstenstand vorbei.

          Ein Paar mittleren Alters geht an den Ständen vorbei zur Oberen Marktstraße. Der Mann trägt eine in durchsichtige Folie eingepackte hohe weiße Kerze mit goldenen Verzierungen unter dem rechten Arm. Ich schätze sie auf etwa einen Meter. Die Kerze wirkt leicht, sieht aus, als ob sie aus Kunststoff wäre. Gibt es neuerdings Kerzen aus Kunststoff? Kerzen, die nicht brennen?

          Mein Tee ist kalt geworden. Der junge Kellner kassiert. Wir plauschen ein bisschen miteinander. Das geht alles so schnell vorbei. Jetzt war vier Wochen Trubel, dann kommt Silvester, dann der Frühling mit Außengastro, dann der Sommer mit Hochbetrieb. Die Außengastro macht Spaß, da hat man seine Wege, kann zwischendurch auch mal eine rauchen. Im Winter ist es im Café so eng. Und dann kommt wieder Weihnachten. Der Kellner geht zurück ins Café.

          Ich falte die Decke zusammen, lege sie über die Banklehne und gehe.

          An der Ecke Uhlandstraße/Wilhelmstraße steht eine Frau. Sie schaut auf ihr Smartphone, dann auf die Straßenschilder, dann wieder auf ihr Smartphone. Was suchen Sie denn? Kann ich Ihnen helfen? – Ja, den Bahnhof. Das Gerät schickt mich immer im Viereck rum. – Gehen Sie immer geradeaus. Und schalten Sie Ihr Gerät aus.

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gisela Heinzmann 2020

 

 

Montag, 1. Januar 2018

 

Zeit: 10.30 Uhr. Ort: Terrasse der Trattoria La Signora Moro unter den nordwestlichen Arkaden,
zwischen der Stadtkirche und dem Dekanatsamt. Wetter: kalt, etwa 7 Grad, sonnig.

 

          Die tief tönende Herzog-Ludwig-Glocke der Stadtkirche läutet vier Minuten, das Zeichen, dass der Gottesdienst in einer halben Stunde beginnt. Fast die Hälfte der LudwigsbürgerInnen gehört keiner öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft an, etwa ein Drittel ist evangelisch, zwei Fünftel sind katholisch. Welche der beiden Kirchen wird wohl besser besucht?

          Auf die Terrasse des Restaurants La Signora Moro scheint die Sonne. Von hier aus habe ich die beiden Kirchen im Blick. Das Restaurant ist noch geschlossen. Ich setze mich trotzdem an einen der Tische unter den Arkaden. Zwei, drei Sektflaschen und einige ausgebrannte Hülsen von Silvesterknallern liegen zwischen den Tischen. Der Platz ist menschenleer.

          Um den Brunnen noch drei Essenspavillons vom Weihnachtsmarkt, zwischen dem Brunnen und der Stadtkirche die Aktionsbühne. Acht Betonpoller an der Oberen und acht an der Unteren Marktstraße zur Verankerung der Stangen für die Engel und Lichterketten. Der Platz ist erstaunlich sauber, keine Reste des Silvesterfeuerwerks. Wurden hier keine Raketen abgefeuert? Ich wünschte, die LudwigsbügererInnen würden sich an Silvester auf dem Marktplatz versammeln und gemeinsam das alte Jahr verabschieden und das neue begrüßen.

          10.32 Uhr. Ein schlanker, schwarz gekleideter Mann betritt die Stadtkirche, in der Hand eine schwarze Aktentasche. Er scheint eine offizielle Funktion zu bekleiden. Der Pfarrer, der Organist?

           Es ist kalt. Ich halte mein Gesicht in die Sonne.

           Ein Mann schlendert zum Stadtkirchenplatz, wird er die Kirche betreten? Eine kleine alte Frau hievt mühsam ihren Rollator Stufe für Stufe zur Stadtkirche hoch.

           10.35 Uhr: Die Glocken der Katholischen Kirche läuten und laden ebenfalls zum Gottesdienst.

           Die Tintenpaste meines Kugelschreibers wird durch die Kälte zäh, die Kugel gleitet nur mit Druck über das Papier, diese zähe Paste macht das Schreiben anstrengend und langsam. Ich schreibe mit einem Bleistift weiter.

           Von der Oberen Marktstraße nähern sich Menschen, im Gegenlicht nur schemenhaft zu erkennen. Einzelne, Paare, Gruppen von drei, vier oder fünf Leuten bewegen sich langsam auf den Marktplatz zu. Welche der beiden Kirchen werden sie betreten? 

          Eine junge Frau überquert den Platz und biegt in die Untere Marktstraße ein.

           Zwei ältere Paare nähern sich der katholischen Kirche, dahinter ein junges Paar mit Kinderwagen.

           Ein junger Mann schließt hinter meinem Rücken die Türe von La Signora Moro auf.

           Eine ältere Frau mit Mütze und Umhängetasche auf der rechten Schulter nähert sich der katholischen Kirche, gefolgt von zwei jungen Paaren.

          Ein Mann in dunkler Lederjacke und Wollmütze geht vom Stadtkirchenplatz zur Stadtkirche, bleibt stehen, geht weiter zur Rückwand der Aktionsbühne, schaut sich um, verschwindet hinter der Bühne.

          Ein rauchender Mann schlendert zur katholischen Kirche, bleibt vor der Kirche stehen, tritt seine Zigarette aus, betritt die Kirche.

        Jetzt nähert sich ein Paar mit Kinderwagen. In welche Kirche werden die Beiden gehen? Sie überqueren den Platz und verschwinden in der Unteren Marktstraße.

          2 Leute gingen bis jetzt in die Stadtkirche, 10 in die katholische Kirche.

           Der Ton der letzten Glockenschläge verklingt.

          Eine Dreiergruppe nähert sich von der Unteren Marktstraße der katholischen Kirche. Laute Männerstimmen. Ich zähle 13 Besucher der katholischen Kirche.

          Ein junges Paar mit Kinderwagen kommt von der Unteren Marktstraße, geht am Brunnen vorbei zum Stadtkirchenplatz, lässt die Kirche rechts liegen.

           Acht Personen gehen zügig über den Platz zur Stadtkirche, darunter zwei Paare. Absätze klappern. 8 Personen haben inzwischen die Stadtkirche betreten.

          Jetzt eine alte Frau. Damit sind es 9.

          Nun drei Frauen und zwei Männer von der Unteren Marktstraße, hinter ihnen zwei Paare und ein Mann, gefolgt von einem älteren Paar und einer Dreiergruppe. Sie verschwinden hinter den Türen der Stadtkirche. Die Stadtkirche liegt nun mit 24 Besuchern vorn.

          Ein rotes Auto mit der Aufschrift „Diakonie“ fährt vom Stadtkirchenplatz zur Oberen Marktstraße.

          Wieder eilt ein Paar eilt zur Stadtkirche. 26 Personen in der Stadtkirche.

          Doch die katholische Kirche holt auf. Drei Paare eilen zur Katholischen Kirche. 19 zu 26 für die Stadtkirche.

          Ein Mann in einer blauen Jacke geht rauchend vor den Schaufenstern von Landhaus Lifestyle auf und ab.

          Drei Paare tauchen auf, hinter ihnen ein älteres Paar, er mit Stock. Alle verschwinden in der Katholischen Kirche. Die katholische  Kirche führt 27 zu 26. Doch nicht lange. Denn nun strebt eine Vierergruppe in die Stadtkirche, lachende Frauenstimmen wehen schallend über den Platz. Nun führt die Stadtkirche mit 32 BesucherInnen.

          Wieder ein Paar zur katholischen Kirche. 28 in der katholischen Kirche.

          Mann in mittleren Jahren zur Stadtkirche. 33 in der Stadtkirche. Die Stadtkirche führt mit einem komfortablen Vorsprung.

          Radfahrer in leuchtend gelbgrüner Jacke fährt von der Unteren Marktstraße zur Oberen Marktstraße.

          10.55 Uhr, die Glocken der katholischen Kirche läuten.

          Ein junger Mann, jetzt als Kellner erkennbar, fragt: Kann ich Ihnen helfen? Ich bestelle eine Tasse Kaffee. Bitte um Verständnis, dass ich den Tisch nach vorne gerückt habe, um in der Sonne zu sein.

          11 Uhr. Die Glocken beider Kirchen läuten, die Stadtkirche beginnt einige Sekunden früher als die katholische Kirche. Der Platz ist vom Glockenklang erfüllt.

         Eine Gruppe von 5 älteren Leuten geht schnellen Schritts zur katholischen Kirche. 32 in der katholischen Kirche, die katholische Kirche schließt auf.

        Der Kellner bringt mir eine Tasse Kaffee.

         Drei Paare streben von der Eberhardstraße zur Stadtkirche. Hinter ihnen eine junge Frau, geht aber an der Kirche vorbei. 38 in der Stadtkirche, 32 in der katholischen Kirche, die Stadtkirche behauptet ihre Führung.

         Doch nun betritt eine Dreiergruppe die katholische Kirche. Die katholische Kirche holt auf. Die kleine alte Frau, die vor einer halben Stunde mit ihrem Rollator in die Stadtkirche gegangen war, schiebt nun ihren Rollator in Richtung katholische Kirche. 36:37 für die Stadtkirche. Die katholische Kirche ist der Stadtkirche auf den Fersen. Ein Mann rennt zur katholischen Kirche, hinter ihm geht zügig ein Paar mit einem Kind, das Kind rennt voraus. 39 zu 37 für die katholische Kirche.

          Der Kellner kehrt vor dem Restauranteingang den Abfall von Silvesterknallern zusammen, Papphüllen und Umverpackungen aus Kunststoff. Staubsaugergeräusch im Restaurant.

          Ein kleiner alter Mann schlurft mit schweren Schritten zur Stadtkirche. 38 in der Stadtkirche, die Stadtkirche holt auf.

         Ein Taxi fährt von der Oberen Marktstraße zum Welt Laden, hält. Der Mann in der blauen Jacke wirft eine Reisetasche in das Taxi und steigt ein. Das Taxi fährt über die Untere Marktstraße zur Wilhelmstraße.

          Orgelklänge aus der Stadtkirche.

          Eine Frau geht mit raschen Schritten zur Stadtkirche, hinter ihr ein Mann. 40:39 für die Stadtkirche.

         Ein junger Mann schlendert von Stadtkirchenplatz zur Unteren Marktstraße, einen Becher in der einen, ein Fladenbrot in der anderen Hand.

          Ein junges Paar rennt zur katholischen Kirche. Nun liegt sie mit 41 Zählern wieder um eine Nasenlänge vorn.

          Ein älterer Mann mit einer Plastiktüte in der Hand spuckt einen Kaugummi an der linken Ecke der katholischen Kirche aus, dann öffnet er die Kirchentür.42:40 für die katholische Kirche.

           Ein Kind auf einem Rad mit Stützrädern taucht auf, dahinter sein Vater mit einem Kleinkind im Buggy, sie gehen in Richtung Brunnen. Papa, hier war der Weihnachtsmarkt! Das Rattern der Stützräder übertönt den Klang der Orgel.

          Die Orgel verstummt.

         Erneut Staubsaugergeräusch im Restaurant.

         Ein Mann um die sechzig mit kurzen weißen Haaren setzt sich an einen Tisch auf der Terrasse, starrt auf sein Smartphone.

         Ein Radfahrer kommt vom Stadtkirchenplatz, hält vor dem Welt Laden, schaut in die Schaufenster.

         11.15 Uhr, ein Doppelschlag der Laternenglocken der Stadtkirche.

         Ein Mann latscht zur katholischen Kirche, tritt seine Zigarette aus, betritt die Kirche. Die katholische Kirche führt 43 zu 40.

         Das Staubsaugergeräusch endet.

          Die Sonne macht sich zwischen zwei Wolken breit. Sie wärmt meine kalten Hände.

        Zwei Frauen, eine immer einen Schritt vor der anderen, umrunden den Brunnen, gehen zu den Arkaden, bleiben vor einem Laden stehen, gehen weiter, setzen sich ebenfalls auf die Terrasse von Signora Moro, bestellen nach langem Studium der Getränkekarte und Beratungen Pfefferminztee. Der Kellner wartet geduldig.

          Mein Kaffee ist kalt geworden. Ich trinke ihn trotzdem.

         Wieder das Kind auf dem Rad mit Stützrädern, es fährt vom Stadtkirchenplatz zum Brunnen, der Vater mit dem Buggy langsam hinterher. Die Stützräder rumpeln über den Platz.

         Ein Martinshorn tönt von der Wilhelmstraße herüber.

         Das Kind auf dem Rad umrundet den Brunnen, der Vater steht mit dem Buggy einige Meter entfernt und schaut zu.

          Die Wolken ziehen auseinander, die Sonne scheint auf die ganze Terrasse. Es wird wärmer.

         Drei Tauben picken vor der Katholischen Kirche nach Krümeln. Der Vater mit dem Buggy und das Kind mit dem Fahrrad sind nicht mehr zu sehen.

         Eine Frau mit Schürze kommt mit einem Besen aus dem Restaurant, kehrt ein paar Sektkorken, Zigarettenkippen und Hüllen von Knallern, die um die Tische liegen, weg.

         Ein altes Paar geht zum Stadtkirchenplatz. Sie drei Schritte voraus, er trottet schwerfällig hinterher. Sie bleibt stehen, dreht sich um, wartet, bis er sie erreicht. Dann geht sie weiter, er wieder hinterher. Der Abstand wird wieder größer. Sie erreicht als erste die Kirche, wartet auf ihn, hält ihm die Tür auf, wortlos. 43:42 für die katholische Kirche.

        Es ist 11.30 Uhr. Ich finde meinen Geldbeutel nicht. Frage den Kellner, ob ich meine Rechnung später begleichen kann. Ja, natürlich. Ich schlage vor, zu seiner Sicherheit meinen Namen und meine Telefonnummer aufzuschreiben. Er macht eine abwehrende Handbewegung. Nicht nötig, das passiert öfter. Nachmittags gehe ich noch einmal zu dem Restaurant, bezahle meine Rechnung und bedanke mich bei dem Kellner mit einem großzügigen Trinkgeld.