Luigi D'Aurelio: Ich bin dankbar und zufrieden

           Schon als kleiner Junge baute ich aus Karton und Holz einen Stall und eine Krippe, aus Terrakotta (Ton) bildete ich Figuren, Ochs und Esel, die Hirten, Maria und Josef und den kleinen Jesus. Ich muss 13 oder 14 Jahre alt gewesen sein, da kaufte mir meine Mutter die ersten Figuren. Diese Figuren habe ich noch heute. Ich habe sie aus Italien mitgenommen.

           Ich komme aus Apulien. 1955 bin ich in dem Dorf Giurdignano geboren. Meine Eltern waren Bauern, die vor allem Oliven- und Tabakanbau lebten. Mein Interesse galt dem Schmied, der neben unserem Haus seine Schmiede hatte. Schon mit sechs oder sieben Jahren stand ich früh morgens auf, wenn ich hörte, dass die Bauern ihre Pferde zum Beschlagen zum Schmied brachten. Der Schmied schickte mich immer wieder fort. „Du bist zu klein, Junge, für diese Arbeit, geh in die Schule!“ Nach dem Unterricht war ich wieder beim Schmied. Schmieden gefiel mir besser, als Hausaufgaben machen. Als ich mit 14 Jahren aus der Schule kam und den Beruf des Schmieds hätte lernen können, brauchte man keine Schmiede mehr. Die Bauern hatten keine Pferde mehr, sondern Traktoren.  Also lernte ich Karosseriebauer. Das war der richtige Beruf für mich und ich war zufrieden.

          Nach dem Militärdienst, da war ich 21 Jahre alt, war das Dorf nicht mehr wie zuvor. Meine Freunde und Verwandten hatten das Dorf verlassen und Arbeit in der Schweiz oder in Deutschland gesucht. Wenn sie zum Urlaub nach Hause kamen, erzählten sie vom schönen Leben im Ausland und von dem guten Verdienst. Das wollte ich auch. Mein Vater war dagegen, dass ich nach Deutschland ging, aber ich ließ mich nicht aufhalten.

          1977 fuhr ich nach Ludwigsburg und fand meine erste Stelle bei der Firma Getrag. Das war Industriearbeit, bei der ich gut verdiente, aber sie entsprach nicht meiner Ausbildung. Neben Getrag entdeckte ich die Autowerkstatt Karosserie Balzer. In der Mittagspause schaute ich mir den Betrieb an. Der Besitzer war interessiert, wollte aber sehen, was ich kann und verlangte eine Probestunde. Nach der Stunde war er überzeugt und stellte mich ein. Die Arbeit machte mir Freude, aber der Lohn war gering. Deswegen suchte ich nach einer besser bezahlten Arbeit und fand sie 1979 bei Mahle in Markgröningen. Ich kontrollierte Kolben und Zylinder mit Röntgenstrahlen. Die Arbeit gefiel mir gut. Die Arbeit, die Bezahlung und das Betriebsklima gefielen mir so gut, dass ich keinen Grund sah, noch einmal die Stelle zu wechseln und so blieb ich 41 Jahre lang bei Mahle.



Ich fuhr natürlich jedes Jahr nach Giurdignano und dort verliebte ich mich auch in Rosalba. 1984 heirateten wir und Rosalba kam mit nach Ludwigsburg. Wir haben zwei Töchter, Cristina und Rosa und einen Sohn, Emilio. Meine beiden Töchter haben auch schon Kinder, so sind Rosalba und ich Großeltern. Rosalba und ich wohnen in Eglosheim, meine Kinder mit ihren Familien leben im Kreis Ludwigsburg. Ich bin dankbar, dass ich eine gute Familie habe und zufrieden, dass ich eine gute Arbeit hatte.




 

          Neben der Arbeit und der Familie konnte ich mich meiner Passion widmen, der Krippe. Die Krippe ist mein Dank an den lieben Gott, Dank für alles, was er mir gegeben hat. Ich wünsche mir, dass sich die Menschen an der Krippe freuen. Zuerst habe ich sie für meine Kinder gebaut, dann wurde sie jedes Jahr größer, so groß, dass sie nicht mehr ins Wohnzimmer passte.

2006 begann ich damit, um die Krippe herum eine italienische Kleinstadt zu bauen. Viele Gebäude sind meiner Phantasie entsprungen. Aber manche habe ich nach Vorbildern nachgebaut. Das Vorbild für den Dorfbrunnen stand im Garten meines Elternhauses. Apulien hat nicht viele Seen und Flüsse, aber viel Grundwasser. Deswegen hatte jedes Haus einen Brunnen, mit dem man Grundwasser aus 60 Meter Tiefe geholt hat. Natürlich habe ich auch die

Schmiede nachgebaut. Der Figur des Schmieds habe ich einen kleinen Elektromotor eingebaut, damit man ihn bei der Arbeit beobachten kann. Mich hat immer fasziniert, wie der Schmied mit dem Hammer auf das glühende Eisen auf dem Amboss gehauen hat. Windmühlen gibt es in Apulien nicht, aber mir haben Windmühlen gefallen, deswegen habe ich eine für mein Städtchen gebaut, die natürlich auch elektrisch betrieben wird. Aber die Mühle mit den Eseln wiederum gab es in unserem Dorf. Ich baute sie nach, samt den Eseln, die im Kreis gehen mussten, um die Mühlsteine zu bewegen. Damit wurden Trauben und Oliven gepresst.



          Seit 25 Jahren fahre ich einmal im Jahr nach Israel. Nicht nur, um eine Kur am Toten Meer zu machen, sondern auch, um Jerusalem, Bethlehem und Nazareth  zu besuchen. Einige Gebäude in meiner Krippenlandschaft habe ich nachgebaut, das Jaffator und das Gefängnis, in das Jesus geworfen wurde.

 

 

          Viele Jahre stand die Krippe in Bissingen, in der Kirche Zum Guten Hirten. Seit 2014 räume ich am 23. Dezember meine Garage aus und baue die Krippe in ihr auf. Das Garagentor ist offen, wer will, kann hineingehen und sich daran freuen.



          Nun lebe ich seit über vierzig Jahren in Deutschland, meine Kinder und Enkelkinder leben hier. Aber im Herzen bin ich immer Italiener geblieben. Mich zieht es wieder zurück in meine Heimat. Mit dem ersten Geld, das ich in Deutschland verdient habe, habe ich das Haus meiner Eltern abgerissen und ein neues gebaut. Inzwischen habe ich es renoviert. Rosalba und ich werden vielleicht Ende des Jahres dort einziehen. Für die Kinder haben wir ein Apartment angebaut, damit sie uns besuchen können. Mit dem Flugzeug dauert die Reise nicht lange und wir können uns leicht besuchen. Meine Verwandten und Freunde, die nach Ludwigsburg gezogen waren, sind alle wieder nach Apulien heimgekehrt. Außer meinen Kindern und Enkeln habe ich in Ludwigsburg keine Verwandten mehr.

 

Die Krippe nehme ich natürlich mit.

 

 

Erzählt von Luigi D’Aurelio,
aufgeschrieben und bearbeitet von Regina Boger im Januar 2021.