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Ich hätte gern Mathematik studiert

 

Herkunft

           Ich wurde am 2. Mai 1950 als zweites von fünf Kindern in Pülümür bei Tunceli in Ostanatolien geboren. Meine Familie gehört den kurdischen Aleviten an. Mein Vater war Bauer, Maler und Schreiner. Pülümür bestand aus
68 Dörfern. In meinem Dorf lebten nur 48 Familien.

           Die nächste Schule war eine Dreiviertelstunde zu Fuß entfernt. Deswegen zog ich für das erste Schuljahr zu meiner Tante, in deren Ort gab es eine Schule. Im nächsten Schuljahr wohnte ich wieder bei meiner Familie und ging jeden Tag die Dreiviertelstunde zur Schule und wieder zurück. Die letzten zwei Jahre besuchte ich eine Schule, die nur 25 Minuten von meinem Dorf entfernt war. In fünf Jahren besuchte ich also drei Schulen. Als ich in der zweiten oder dritten Klasse war, kam einmal der Schulinspektor, ein sehr strenger Mann. Sogar unser Lehrer hatte Angst vor ihm. Der Inspektor stellte der vierten oder fünften Klasse eine sehr schwierige Rechenaufgabe. Kein Schüler konnte sie beantworten. Der Inspektor schimpfte mit den Schülern. Dann fragte der Inspektor die zweite oder dritte Klasse. Ich und mein Freund waren in dieser Klasse und wir waren die einzigen, welche die Aufgabe lösen konnten. Der Inspektor beauftragte uns, den älteren Schülern, welche die Aufgabe nicht lösen konnten, zur Strafe mit dem Lineal auf die Hände zu schlagen. Wir hatten Angst, dass die älteren Schüler uns verprügeln würden, wenn wir es machten und Angst, dass der Inspektor uns verprügeln würde, wenn wir es nicht machten. Unsere Angst vor dem Inspektor war größer als die Angst vor den älteren Schülern und wir gaben die Tatzen. Unser Lehrer drohte den älteren Schülern, er würde sie aus der Schule werfen, wenn sie es wagen würden, die beiden Rechen-Asse zu verprügeln.

         

          Mit 15 Jahren schloss ich die Grundschule ab. Die Mittelschule war 14 km entfernt. Um die Mittelschule besuchen zu können, hätte ich an dem Ort wohnen müssen. Aber mein Vater hatte kein Geld, um ein Zimmer zu bezahlen. Das war sehr bitter für mich. Ich hätte nämlich gern Mathematik studiert.

           In Pülümür gab es zu jener Zeit keinen Strom. Mein Vater hatte ein Grammophon mit Batterie gekauft und spielte darauf Schallplatten ab, auf denen zwei Sängerinnen Lieder sangen. Zwei alte Damen des Dorfs schauten das Grammophon genau an, vor allem den Trichter und fragten dann meinen Vater: „Wie haben Sie es fertig gebracht, die beiden Sängerinnen in diesen kleinen Apparat zu stecken?“ Im ganzen Dorf gab es vielleicht ein oder zwei Radios.

           1967 musste mein älterer Bruder zum Militär. Deswegen musste ich zu Hause in der Landwirtschaft arbeiten. Ich versorgte die Kühe und die Ziegen, mähte Gras, machte Heu für den Winter. In Pülümür ist es fünf bis sechs Mona- te Winter und drei Monate Sommer. Das Leben dort ist sehr hart. Wir bauten Gemüse im Garten an. Aus der Milch der Kühe und Ziegen machten die Frauen Butter und Käse. Der Käse, das waren etwa 30 – 40 kg, lieferte uns im Winter das Eiweiß. Die restlichen Lebensmittel, Bohnen, Linsen, Zucker, Zwiebeln, Mehl und Kartoffeln kauften wir in der Stadt und luden es den Maultieren auf die Rücken, die sie in unser Bergdorf trugen. Die Wege waren damals dort so schmal, dass nur Maultiere auf ihnen gehen konnten.

           Im Dorf gab es einen Heiler, der Wunden, Knochenbrüche und Krankheiten heilen konnte. Das war eigentlich illegal, weil er nicht staatlich anerkannt war.  Aber was hätten wir machen sollen? Einen Arzt gab es ja nicht.



Arbeit in Deutschland

           Mit der Landwirtschaft und dem Handwerk verdiente mein Vater nicht genug, um die Familie zu ernähren. Einige Männer aus dem Dorf gingen nach Deutschland, um dort zu arbeiten. Als sie zurück in Urlaub kamen, trugen sie auf dem Kopf Hüte und ein Tonbandgerät unter dem Arm. Es gab auch ein Plakat, auf dem Männer abgebildet waren, die wie Könige gekleidet waren. Wir glaubten, in Deutschland müsse das Geld auf der Straße liegen. Mein Vater wollte auch nach Deutschland, um in wenigen Jahren viel Geld zu verdienen. Er erkundigte sich bei den Verwandten und den Männern aus dem Dorf, die in Deutschland arbeiteten, wie man nach Deutschland komme.

           1968 flog mein Vater mit einer Touristengruppe nach Frankreich. Von dort reiste er nach Deutschland ein und zwar nach Stuttgart. Dort bekam er eine Stelle bei der „Deutschen Asphalt“. Ein Jahr später bekam er eine Stelle bei der Firma Streicher in Asperg. Bei Streicher arbeiteten schon 30 bis 40 Leute aus seinem Dorf. 1970 holte er meinen Bruder nach. Dies war möglich, weil die Firma Streicher ihn angefordert hatte. 1972 lud mein Vater mich im Rahmen der Familienzusammenführung ein. Über Beziehungen besorgte er mir eine Stelle bei der „Deutschen Asphalt“. Der Vertrag war auf ein Jahr befristet. Nach einem Jahr konnte man eine unbefristete Arbeitserlaubnis bekommen. Nach fünf Monaten kündigte ich, weil die Arbeit zu schwer für mich war. Ich hatte keine Arbeitserlaubnis, bewarb mich aber trotzdem bei der Firma Krone. Der Personalchef konnte mich gebrauchen und beantragte für mich beim Arbeitsamt eine Arbeitserlaubnis, die ich problemlos bekam. Der Grund war der Arbeitskräftemangel. Ich hätte am nächsten Tag anfangen können. Aber mein Vater sagte: „Du gehst nicht zu Krone. Dort arbeiten 60 Prozent Frauen und 40 Prozent Männer. Wir würden dich an eine Frau verlieren. Such dir eine andere Arbeit!“ Ich verstand meinen Vater nicht, machte aber, was er von mir verlangte. Ich bekam dann eine Stelle bei Mahle in Markgröningen, wo ich sogar besser bezahlt wurde. Anstatt 6,30 DM bekam ich 6,60 DM auf die Stunde. Bei Mahle arbeitete ich von 1973 bis 1989. Zuerst war ich in der Entgraterei eingesetzt, nach sieben Monaten holte mich der Meister in die Kolbendreherei. Dort blieb ich bis 1989.

          Am Anfang wohnte ich bei meinem Vater in einem Zimmer mit fünf Betten im Wohnheim der Firma Streicher. Später wohnte ich mit meinem Vater und meinem Bruder in einer kleinen Wohnung in Asperg. Mein Vater und ich
gaben unserem Bruder unseren gesamten Lohn. Er zahlte uns ein Taschen- geld aus, den Rest zahlte er auf unsere Sparbücher ein. Jeder hatte sein eige- nes Sparbuch.

          Bei Mahle war ich der fünfte Türke. Mit den anderen Türken hatte ich nichts zu tun. Innerhalb eines halben Jahres konnte ich Deutsch. Die deut- schen Kollegen brachten mir bei der Arbeit Deutsch bei.

          Mein Meister wollte, dass ich eine Berufsausbildung mache. Das hätte ich auch gern gemacht. Aber mein Vater wurde so schwer krank, dass ich die 

 

Ausbildung nicht machen konnte. Er kam mit einer Hirnblutung kam ins Kran- kenhaus. Ich besuchte ihn mehrmals die Woche. Obwohl mein Vater vor mir nach Deutschland gekommen war, konnte er nicht Deutsch. Ich musste alles für ihn übersetzen, auch die Gespräche mit den Ärzten. Ich arbeitete Nacht- schicht, damit ich tagsüber bei meinem Vater sein konnte. Ich wäre schief an- geguckt worden, wenn ich das nicht gemacht hätte. Im Krankenhaus operier- ten sie ihn. Danach hatte er keine Schädeldecke mehr. Weil er Gedächtnis- störungen hatte, kam er in die Psychiatrie nach Winnenden. Die Ärzte vermu-teten, er habe Alzheimer. An den Wochenenden holte ich ihn nach Hause, das beschleunigte seine Genesung.

           Nach sieben Monaten wurde mein Vater aus dem Krankenhaus entlassen. Er war etwa zwei Wochen zu Hause, als er eines Morgens verschwunden war. Wir suchten ihn drei Tage lang. Zuerst nur ich und meine Verwandten, dann auch die Polizei und die Kollegen. Wir suchten alle Wege in Asperg ab, fanden aber keine Spur. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Nach drei Tagen klingelte ein Polizist an der Tür: „Wir haben Ihren Vater in Hessigheim gefunden“, sagte er, kommen Sie bitte mit nach Besigheim!“ Meine Verwandten und ich fuhren nach Besigheim, wo unser Vater im Leichenschauhaus lag. Mit Hilfe der Polizei fanden wir heraus, dass mein Vater in der glühenden Sonne zu Fuß nach Tamm gelaufen war. Er hatte ja keine Schädeldecke mehr und keinen Hut auf dem Kopf. Die Sonne musste ihm sehr zugesetzt haben. In Tamm wurde er von einem Autofahrer mitgenommen. Weil er nicht reden konnte und von der Sonne wahrscheinlich ausgetrocknet war, hielt ihn der Autofahrer für betrunken und setzte ihn in Hessigheim ab. Dort schleppte er sich zu den Gärten und legte sich ins Gras. Zwei Tage später fand ihn eine Frau, die in ihrem Garten arbeitete. Sie rief die Polizei, die aber nur noch seinen Tod feststellen konnte.

          Nach dem Tod meines Vaters war ich häufig krank. Ich hatte Depressionen und Probleme mit der Lendenwirbelsäule. 1986 kam ich in eine psychosomatische Klinik. Dort erzählte ich einem Therapeuten meine Geschichte. Ihm fiel auf, dass meine Erzählungen immer um den Tod meines Vaters kreis- ten. Er erkannte, was mir bis dahin nicht klar gewesen war: Ich fühlte mich schuld am Tod meines Vaters. Ich warf mir vor, dass ich ihn einige Minuten aus den Augen gelassen hatte. Wenn ich besser auf ihn aufgepasst hätte, wäre er noch am Leben. Dieser Gedanke verfolgte mich jahrelang.

           1987 wurde ich befristet erwerbsunfähig geschrieben und bekam eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Das Arbeitsverhältnis bestand aber weiter. 1989 kündigte ich, weil mir die Firma eine Abfindung angeboten hatte, wenn ich kündigen würde. Ich fand eine Stelle bei einer Import-Exportfirma. Dort arbeitete ich sieben Jahre lang. 1997 ging diese Firma in Konkurs. Danach war ich arbeitslos. Ein Jahr später bekam ich über einen Freund eine Stelle in Worms, wo ich als Kontrolleur von Rohrlegern arbeitete.



Überregionale Arbeit in der Alevitischen Föderation

           In Köln wurde ich Mitglied im Vorstand der alevitischen Föderation AABF. Gleichzeitig war ich Vorsitzender der Alevitischen Gemeinde in Ludwigsburg. Nach einem halben Jahr gab ich den Vorsitz an Sükrü Elmali ab, blieb aber Mitglied im Vorstand. Im Januar 1999 trat ich zusammen mit fünf Vorstandskollegen aus dem Vorstand aus, weil zwischen uns und dem Vorsitzenden Meinungsverschiedenheiten über die Art der Vorstandsarbeit bestanden.

           Mein befristeter Arbeitsvertrag mit der Wormser Firma wurde nicht verlängert, weil zwischen mir und dem Vorsitzenden der AABF Meinungsunterschiede bestanden. In der türkischsprachigen Zeitung Hüriyet erschienen mehrere Artikel über die Gründe, weshalb ich bei der Wormser Firma nicht weiterbeschäftigt wurde. Ich wurde dabei in einem positiven Licht dargestellt, der Vorsitzende der AABF in einem negativen. Hüriyet versuchte, mich gegen den Vorsitzenden der AABF auszuspielen. Diese Intrige zog sich ein halbes Jahr hin. Dadurch wurde der Ruf vieler Leute zu Unrecht beschädigt, auch meiner. Danach wollte ich mit Politik und den Aleviten nichts mehr zu tun haben.

 

Rente

           2004 bis 2007 arbeitete ich bei Kingkebab. Diese Firma stellt Dönerfleisch her. Ich war für den Transport und Vertrieb in Europa zuständig. Durch den ständigen Wechsel vom Kühlhaus ins Büro und ins Freie wurde ich krank. 2007 ging ich in Rente.

 

Tunceli-Verein

           1999 veranstalteten die Tünceli-Vereine aus ganz Europa in Tünceli ein Kulturfestival zur Erinnerung an das Massaker 1937/38, bei dem das türkische Militär 10 000 Kurden oder mehr ermordet hatte. Ziel des Festivals war die Pflege der Sprache, der Musik und der Tänze. Ich war 2001/02 zuständig für den Kontakt mit dem Bürgermeister und für die Koordination und Planung des Festivals. 2005 trafen sich die MigrantInnen aus Tünceli in Dortmund. Wir gründeten eine Föderation der Tünceli-Vereine in Deutschland. Ich wurde zum zweiten Vorsitzenden gewählt.

 

Engagement bei den Aleviten in Ludwigsburg

          1995 gründeten 27 Leute den alevitischen Verein. Ich war Gründungsmitglied und wurde zum Vorsitzenden gewählt. Am Anfang trafen wir uns in verschiedenen Privatwohnungen und Häusern. 1996 mieteten wir eine Fabriketage in Möglingen, die wir selbst renovierten. In kurzer Zeit wuchs die Mitgliederzahl auf 100 an. Zur Einweihung kamen 400 Leute, unter anderem Cem Özdemir, Abgeordneter der Grünen im Bundestag, ein Vertreter des AABF und der Vorsitzende des alevitischen Vereins in Stuttgart. Als Dank für mein Engagement schenkte mir der Vorstand einen riesigen Blumenstrauß.

 

Ich gab ihn vor allen Leuten an meine Frau weiter, denn ohne ihre Unterstützung hätte ich diese Arbeit nie leisten können. Meine Frau wollte sich bedanken, aber Tränen der Freude erstickten ihre Stimme. Sie war so überwältigt, dass sie nur noch weinen konnte. Dies werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen. Bei der Eröffnung veranstalteten wir auch einen Cem. Damit nahmen wir eine alte Tradition wieder auf. Beim Cem spricht der Dede über die alevitischen Werte: Nächstenliebe, Geduld und Bescheidenheit. Der Dede ist sowohl geistiger Führer als auch Richter bei Streitigkeiten. Ich werde nie vergessen, dass während des Cem eine Frau aufstand und eine Streitigkeit zwischen ihr und einer anderen Frau vorbrachte. Der Dede bat die andere Frau um die Darstellung ihrer Sichtweise. Nachdem er beide Seiten angehört hatte, machte er einen Vorschlag zur Lösung des Streits. Beide Frauen nahmen den Vorschlag an, umarmten und küssten sich.

           Das alevitische Zentrum war jeden Tag geöffnet. Es gab eine Theatergruppe, Folkloretanz, Saz-Unterricht, Deutschkurse und Alphabetisierungskurse für Frauen. Für alle Kurse hatten wir gute Lehrer und Lehrerinnen.

          1997 führte die Alevitische Gemeinde zusammen mit der IG Metall, der Stadt Ludwigsburg und dem Landratsamt eine Werbeaktion für TürkInnen durch, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. Das Landratsamt unterstütze uns unbürokratisch, sodass die Aktion ein großer Erfolg wurde. Viele deutsche Politiker wussten nichts über die Aleviten. Zum gegenseitigen Kennenlernen luden wir den damaligen Verkehrsminister Matthias Wissmann und alle Bürgermeister und Gemeinderäte ein.

           Mit dem Verein demokratischer türkischer Unternehmer in Stuttgart veranstalteten wir einige wichtige Diskussionen: Wie können alevitische Vereine mit türkischen zusammenarbeiten? Wie können wir türkischen Migranten in Deutschland helfen? Dadurch bekamen wir wichtige Anregungen für Kurse für türkische MigranInnen.

           2003 teilte uns die Firma Krieg mit, dass sie uns die Räume nicht länger vermieten wolle. Wir suchten nach eigenen Räumen und fanden sie schließlich in Ludwigsburg. Es waren die still gelegten Räume der Firma Krone in der Osterholzallee. Zum Kauf des Gebäudes nahmen wir bei der Kreissparkasse einen Kredit auf. Um den Kredit zu tilgen, vermieteten wir einen großen Teil des Gebäudes. Wir belegen nur zwei Stockwerke und den Keller. Im ersten Stock befinden sich der Frühstücksraum, die Cafeteria, die Küche und Räume für den Glaubensrat, den Frauenausschuss, den Jugendausschuss und den Vorstand. Im Saal im zweiten Stock finden Veranstaltungen, der Cem, Trauerrituale, Hochzeiten und Feste statt. Inzwischen hat unser Verein nahezu 500 Mitglieder. 2008 legte ich mein Amt als Vorsitzender nieder, weil wir im Vorstand unterschiedlicher Meinung waren. Aber ich arbeite noch immer in der Alevitischen Gemeinde mit, weil ich mich dort zu Hause fühle, unter Menschen mit derselben Kultur und demselben Glauben.



Familie

           Meine Eltern schlugen mir meine Braut vor. Es war meine Cousine Fintoz aus demselben Dorf. Nachdem ich meinen Militärdienst 1971 beendet hatte, heirateten wir. Meine Frau war schwanger, als ich 1972 nach Deutschland ging. Unsere erste Tochter wurde 1973 in der Türkei geboren. Zwei Jahre später übersiedelte meine Frau mit unserer Tochter nach Deutschland. 1976 wurde unser zweiter und 1978 unser dritter Sohn geboren. Wir lebten in einer Drei-Zimmer-Wohnung in Asperg. 1980 kauften wir mit meinem Schwager zusammen ein Haus in Asperg. 2005 kauften wir im Zentrum Aspergs mit Blick auf den Hohen Asperg eine schöne neue Wohnung. Diese Wohnung werde ich nie mehr verlassen.

          Meine Tochter verließ nach der achten Klasse das Gymnasium und machte anschließend den Hauptschulabschluss, danach eine Ausbildung zur

 

Bürokauffrau. Heute arbeitet sie als Chefsekretärin. Sie ist mit einem Aleviten verheiratet und hat eine Tochter.

           Unsere Söhne machten nach dem Hauptschulabschluss Ausbildungen bei der Firma Collini in Asperg. Der ältere Sohn war verheiratet, hat zwei Söhne, ist inzwischen aber geschieden. Wir möchten, dass eine Ehe ein Leben lang hält, aber wenn ein Ehepaar nicht mehr zusammen leben kann oder will, ist auch eine Scheidung möglich. Der zweite Sohn ist ebenfalls verheiratet und hat eine Tochter. Er arbeitet inzwischen als Ausbilder und führt Mitarbeiterschulungen durch. Beide Söhne sind mit Alevitinnen verheiratet.

           Ich bin froh, in Deutschland zu leben. Hier habe ich politische Freiheit und Glaubensfreiheit. Hier habe ich meinen Glauben gefunden und kann ihn praktizieren, ohne unterdrückt oder verfolgt zu werden.



Erzählt von Ali Riza Aslan
aufgeschrieben und bearbeitet von Regina Boger

5. Januar 2014